Do. Mai 2nd, 2024
Wandbild: Frau kippt eine Meereswelle aus einem Eimer

This Is A Man’s World

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

So steht es im Artikel 3 des Grundgesetzes. Ein Blick in den Alltag macht aber schnell klar, dass dieser Anspruch unerfüllt bleibt. Seien es die Tasten eines Klaviers, die für die Größe von Männerhänden entworfen wurden (nervig), die Art, wie öffentliche Toiletten aufgeteilt werden (Männer bekommen oft mehr Pinkelmöglichkeiten, obwohl die meisten Frauen aufgrund einer kleineren Blase oder ihrer Periode häufiger zur Toilette müssen. Frustrierend!), eine schlechtere Bezahlung bei gleichwertiger Arbeit von bis zu 7% (ungerecht) oder auch Fehldiagnosen und -behandlungen im medizinischen Bereich, weil an Männern mehr Forschung betrieben wird, entsprechend Krankheiten an ihnen stärker erforscht sind und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Regel keine große Berücksichtigung finden (gefährlich). Tatsächlich werden sogar bei den Versuchstieren die männlichen Exemplare bevorzugt, denn die haben keinen ganz so nervigen Hormonzyklus. Auch bei der Sicherheit von Autos greift man im Crash-Test auf Dummies zurück, deren Körperbau dem eines Mannes entspricht. In der Folge erleiden Frauen im Verhältnis zu Männern immer noch häufiger Verletzungen bei Verkehrsunfällen, obwohl sie seltener in Unfälle verwickelt sind.

Die Liste ist lang. Und es muss sich etwas ändern, an dieser auf Männer zugeschnittenen Welt. Frauen machen immerhin knapp die Hälfte der Bevölkerung aus. Aber auch dort, wo wir die Welt gestalten, wie etwa in unseren politischen Institutionen, sind wir in der Minderheit. Im Essener Stadtrat hat sich die Lage seit der vergangenen Kommunalwahl etwas verbessert, aber insbesondere diejenigen Parteien, die eine Frauenquote ablehnen, schaffen es nicht die Hälfte der Bevölkerung in ihren Reihen zu repräsentieren. Die CDU vergibt nur sieben ihrer dreißig Ratssitze an Frauen (23%), die AfD einen von sechs (16,7%), die FDP keinen einzigen von dreien (um auch das nochmal als Prozentzahl wiederzugeben: 0%). Nun kann man weder CDU und noch weniger der AfD ein besonders feministisches Programm unterstellen. Die Attraktivität dieser Parteien besteht nur für Frauen, die an einer Fortsetzung von frauenfeindlichen Strukturen interessiert sind.

Das zeigt sich auch in ihren Argumentationen gegen Quotierungen. Eines der beliebtesten Argumente ist, dass man einfach nicht genügend Frauen findet, die Interesse an Mandaten und Ämtern für eine Partei haben, gerne in Verbindung mit der Mutmaßung „vielleicht ist das auch einfach nicht so sehr der weibliche Interessenbereich“ gefolgt von der Unterstellung „keine Frau möchte einfach nur Quotenfrau sein, wenn es doch so viele fähige Männer gibt“.

Das aber sind Scheinargumente. Abgesehen von den unhaltbaren Klischees, was angeblich „Frauenthemen“ sind und was nicht: Wie soll eine Frau denn Selbstvertrauen in ihr Können oder auch ihre eigene Wahrnehmung gewinnen, wenn nicht mal Klaviertasten zu ihren Händen passen, wenn sie Hohn erfährt, weil „Frauen immer so lange auf dem Klo brauchen“ und beim Besuch in einer Praxis ihr Erkrankung nicht erkannt wird, weil Ärzt:innen nur die Symptome von Männern kennen? Es sollte auf der Hand liegen, dass sich Frauen in einer Welt, in der sie strukturell immer wieder Nachteile erfahren, in der sie sich strukturell mehr anstrengen müssen, nicht unbedingt motiviert sind zusätzlich noch häufig ehrenamtliche politische Arbeit zu leisten. Auch sind Parteien wieder Orte, die vor allem durch Männer gestaltet werden. Also eben jene Wesen, die es in der Vergangenheit offenbar nicht so gut hinbekommen haben, Dinge für alle Menschen zu schaffen.

Es braucht Strukturen, die diese Nachteile auffangen können. Quotierungen, also möglichst immer die Hälfte aller Ämter, Mandate, aber auch Redebeiträge mit Frauen zu besetzen, sind ein Werkzeug dazu. Es ist kein Wundermittel, mit dem Sexismus aus den Parteien und Parlamenten ausgeräumt wird. Das ist auch kein Anspruch, den Feminist:innen an eine Frauenquote stellen. Dass es aber trotzdem hilft, zeigt sich an der Parteiarbeit im Kreisverband von DIE LINKE in Essen und auch an ihrer Ratsfraktion: viele Frauen nehmen aktiv an Diskussionen und Projekten teil, die neue Ratsfraktion hat eine Frauenquote von 67% (zwei von drei Mandaten). Es lohnt sich, den Prozess zu beginnen und Quotierungen können genau dieser Anfang sein. Es ist ein Schritt, um die Welt für Frauen strukturell gerechter zu machen und überhaupt die erst die Möglichkeit zu schaffen sich Wissen und neue Fähigkeiten anzueignen. Frauen sind weder dümmer noch weniger interessiert als Männer, sie werden aber in vielen Bereichen unserer Gesellschaft schlicht benachteiligt.

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